Bioverfügbarkeit, E bioavailability, Bezeichnung für das Ausmaß, in dem eine Substanz aus ihrer Lebensmittelmatrix freigesetzt und resorbiert bzw. am Wirkort verfügbar wird. Die B. lässt sich durch Messung der Stoffkonzentration in den Körperflüssigkeiten und / oder durch die Messung der akuten Effekte bestimmen. 

Die absolute Bioverfügbarkeit beschreibt die Bioverfügbarkeit eines Stoffes aus einem Lebensmittel mit Bezug auf die intravenöse Applikation der zu untersuchenden Substanz in isolierter Form als Referenz.

Die relative Bioverfügbarkeit wird durch den Bezug der Substanz auf einen Vergleichsstoff ermittelt. Faktoren, die die Bioverfügbarkeit beeinflussen sind die Denaturierung während der Lebensmittelzubereitung und der Verdauung (Freisetzung aus der zellulären Matrix), die Anwesenheit von Stoffen, die um den gleichen Absorptionsweg konkurrieren (Kupfer und Eisen hemmen die Zinkabsorption), Komplexbildner (Phytat bildet mit Eisen Komplexe und hemmt so die Eisenabsorption), sowie Stoffe, die die Komplexbildung hemmen (Vitamin C fördert die Eisenresorption, indem es die Bildung von Eisen-Phytat-Komplexen verhindert). 

Fettlösliche Substanzen (Vitamine A, D, E, K, Carotinoide) benötigen zur Aufnahme die Anwesenheit von Fett in der Speisezubereitung. Ihre Bioverfügbarkeit kann durch mittelkettige Fettsäuren (z. B. in Formula-Diäten) oder die gleichzeitige Einnahme von Fettersatzstoffen (z. B. Saccharose-Polyester) stark beeinträchtigt werden.
Als Bioverfügbarkeit wird das Ausmass und die Geschwindigkeit bezeichnet, mit welchen ein Wirkstoff aus einer Arzneiform in den Blutkreislauf gelangt.
Definition und EigenschaftenWenn wir eine Tablette einnehmen, enthält diese eine definierte Menge eines pharmazeutischen Wirkstoffs, zum Beispiel 400 mg Ibuprofen. In der Regel gelangt nicht die vollständige Dosis in den Blutkreislauf. Einige Wirkstoffe werden nicht ganz aus der Arzneiform freigesetzt (Liberation), andere nur teilweise aus dem Darm aufgenommen (Absorption) und einige werden bei der ersten Leberpassage metabolisiert (First-Pass-Metabolismus).

Die orale Bioverfügbarkeit F bezeichnet diejenige Fraktion der Dosis, welche im systemischen Blutkreislauf erscheint. Sie variiert zwischen 0 (0%) und 1 (100%) und wird wie folgt berechnet:
Absolute orale Bioverfügbarkeit F = AUCoral / AUCi.v.

Die AUC (Area Under the Curve) bezieht sich auf die Fläche unter der Plasmakonzentrationskurve bei intravenöser oder peroraler Gabe. Als Referenz wird die AUCi.v. verwendet. Sie liegt immer bei 100%, weil bei einer intravenösen Verabreichung die ganze Dosis im Blut erscheint.

In die Definition der Bioverfügbarkeit geht in der Regel nicht nur das Ausmass (AUC) sondern auch die Geschwindigkeit (z.B. tmax, Kurvenverlauf) ein. 

Abhängigkeit von der FormulierungDie Bioverfügbarkeit ist nicht ausschliesslich eine Substanzeigenschaft. Sie hängt auch wesentlich von der Formulierung des Arzneimittels ab. Eine Tablette aus Stahl, die sich im Magen und Darm nicht auflöst, hat eine Bioverfügbarkeit von 0%. Deshalb müssen → Generika auch einen Test auf die sogenannte Bioäquivalenz erfüllen.

Arzneimittel-WechselwirkungenArzneimittel mit einer tiefen Bioverfügbarkeit sind anfällig für Arzneimittel-Wechselwirkungen. So hat beispielsweise das Bisphosphonat Ibandronat, welches zur Osteoporosetherapie verwendet wird, eine tiefe Bioverfügbarkeit von nur gerade 0.6%. Wird zeitgleich Calcium eingenommen, verschlechtert sich diese noch weiter bis hin zum Wirkungsverlust.

Wirkstoffe mit einem hohen First-Pass-Metabolismus, welcher die Bioverfügbarkeit wie gesehen ebenfalls reduzieren kann, sind ebenfalls anfällig für Interaktionen. Wird die Biotransformation gehemmt, kann sich die Dosis, welche den Kreislauf erreicht, erhöhen. Und dies begünstigt unerwünschte Wirkungen.

Tiefe orale BioverfügbarkeitManche Wirkstoffe haben eine derart tiefe Bioverfügbarkeit, dass sie nicht peroral verabreicht werden können. Dies gilt beispielsweise für Nitroglycerin, welches deshalb sublingual gegeben wird. Auch viele moderne Arzneimittel wie Antikörper sind nicht oral verfügbar und werden deshalb häufig als Infusion gegeben.

  • Arzneimittel-Fachinformation
  • Lehrbücher der Pharmakologie
  • Vögtli A., Ernst B. Moderne Pharmakokinetik. Transport durch Membranen. Weinheim: Wiley-VCH, 2010
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Dieser Artikel wurde zuletzt am 6.4.2015 geändert.